Von Berliner Sportplätzen zur Heim-EM

Mit Felix Zwayer und Daniel Siebert sind zwei DFB-Schiedsrichter für die EURO 2024 in Deutschland nominiert, die aus dem Berliner Fußball-Verband (BFV) kommen. Den Start ihrer Karriere hatten beide im Berliner Junioren-Leistungskader (JLK) der Nachwuchsschiedsrichter. Der Mitbegründer des Leistungskaders Dirk Brennecke erinnert sich an die Anfänge der Top-Referees.  

"Man konnte an seinem Auftreten und dem guten Fußballverständnis schon ganz früh das Talent von Felix erkennen", erzählt Brennecke von Felix Zwayers ersten Schritten als Unparteiischer. Brennecke, der heute Geschäftsführer vom Fußball-Verband Mittelrhein ist, holte Zwayer deshalb bereits 1995 in den Berliner Leistungskader, als dieser erst 14 Jahre alt und seit einem Jahr Schiedsrichter war.

Auch Felix Zwayer hat Brennecke als eine der wichtigsten Personen in seiner Laufbahn nicht vergessen: "Natürlich bin ich sehr dankbar dafür, dass Dirk mich damals entdeckt, in den Leistungskader berufen und dadurch meinen Weg mit bereitet hat."

"Felix hatte immer das Streben nach der Optimierung"

"Felix konnte schon früh Zweikämpfe gut einschätzen und hat das Spiel einfach gut verstanden, weil er selbst ein sehr guter Fußballer war", berichtet Dirk Brennecke. Um diese Kompetenz der Schiedsrichter zu fördern, trainierte die Lehrgemeinschaft Charlottenburg, zu der auch Zwayer gehörte und die von Dirk Brennecke geleitet wurde, bis zu zweimal in der Woche fußballspezifisch und sorgte dafür, dass alle Nachwuchsschiedsrichter auch selbst viel Fußball spielten. "Man muss die Zweikämpfe und die Emotionen auf dem Platz auch selbst erlebt haben, um sie als Schiedsrichter gut einschätzen zu können und daraufhin gute Entscheidungen treffen zu können", so Brennecke.

Dirk Brennecke war zu dieser Zeit noch selbst Schiedsrichter und hatte Felix Zwayer ab 1999 als Assistenten in der Berliner Verbandsliga und der Oberliga Nord mit dabei. Auch zu seinem ersten Oberligaeinsatz als Schiedsrichter im März 2001 kam Zwayer durch die unfreiwillige Mithilfe von Brennecke, der sich vor einem Spiel zwischen dem Greifswalder FC und Motor Eberswalde beim Aufwärmen einen Muskelfaserriss zuzog. Zwayer sprang ein und leitete das Spiel laut Brennecke "ganz ruhig und souverän."

In der Folge sei Zwayer zu immer mehr Einsätzen in der Oberliga gekommen und "machte das dann auch besser als ich", gibt Brennecke gern zu. Zwayer stieg schnell in die Regionalliga auf. "Es hat dann schon seine Gründe, wieso er FIFA-Schiedsrichter geworden ist und ich nicht", lacht Brennecke. "Felix hatte immer das Streben nach der Optimierung - er überlegte stets, was er noch besser machen kann. Aber er war nicht verbissen. Felix war bei allen Schulungen stets sehr wissbegierig und aufmerksam und damit für die Lehrenden im positiven Sinne anstrengend, weil er immer alles hinterfragt hat. Ich würde das als positiven Ehrgeiz bezeichnen."

"Daniel hat stets eine gewisse Ruhe ausgestrahlt"

Auch Daniel Siebert gehörte zum Kreis der Schiedsrichter-Talente im Berliner Junioren-Leistungskader und war ebenfalls als junger Erwachsener einige Male Assistent von Dirk Brennecke in der Oberliga, die damals noch die vierthöchste Klasse im deutschen Fußball war. Brennecke attestiert Siebert schon immer ein besonnenes Auftreten als große Stärke: "Wenn ich zwischen den beiden unterscheiden müsste, dann empfand ich Felix immer als etwas dynamischer, während Daniel stets eine gewisse Ruhe ausgestrahlt hat."

Siebert, der inzwischen sogar schon bei einer Weltmeisterschaft im Einsatz war, sah Dirk Brennecke schon immer als Respektsperson: "Dirk war immer ein Freund der Schiedsrichter. Ich freue mich, dass der Kontakt immer noch da ist und ich ihn regelmäßig bei Spielen in Köln oder Leverkusen sehe."

"Den Bezug zur Basis haben beide an keiner Stelle verloren"

Als Daniel Siebert Teil des Junioren-Leistungskaders des BFV wurde, war Dirk Brennecke schon als Geschäftsführer für den Verband tätig uns sorgte mit dafür, dass Siebert vom BFV nochmal gesondert durch ein Förderprogramm in seiner Entwicklung unterstützt wurde, damit er sich auch noch lange auf seine eigene fußballerische Laufbahn konzentrieren konnte. "Und die Dankbarkeit dafür geben beide noch heute immer, wenn möglich, zurück. Den Junioren-Leistungskader gibt es noch heute und wenn die aktuelle Leitung die beiden bittet, sie bei Lehrgängen zu unterstützen, stehen Felix und Daniel parat. Den Bezug zur Basis haben beide an keiner Stelle verloren", betont Dirk Brennecke. Felix Zwayer trat vor einigen Jahren auch in die Fußstapfen seines Förderers und übernahm die Position des Leiters der Lehrgemeinschaft Charlottenburg und hat diese bis heute inne.

"Dass jetzt die zwei deutschen Schiedsrichter, die für die EM nominiert wurden, beide aus dem Berliner Junioren-Leistungskader kommen, macht mich dann schon stolz und zufrieden. Früher habe ich immer davon geträumt, mal ein Gespann aus ehemaligen JLK-Schiedsrichtern in der Bundesliga zu sehen, das wurde jetzt deutlich getoppt", so Brennecke, dem dieser Erfolg deutlich macht, dass er und seine Mitstreiter in der jahrelangen Arbeit viele Dinge richtig gemacht haben.

Autor*in
Autor/-in: Mathis Scholz