Türkspor Dortmund: Fünf Siege im Ramadan
Sechs Pflichtspiele, fünf in der Meisterschaft und eines im Kreispokal, davon fünf gewonnen bei einem Unentschieden: Die Bilanz von Türkspor Dortmund in den zurückliegenden 30 Tagen ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil viele Spieler des Oberligisten während des Ramadan gefastet haben.
Für viele Menschen muslimischen Glaubens steht einer der wichtigsten Tage des Jahres bevor. Am Dienstag endete der Ramadan, mit dem Zuckerfest, im türkischen Sprachraum "Ramazan Bayrami" und auf Arabisch "Eid al-Fitr", wurde feierlich das Fastenbrechen begangen. Vom 10. März bis zum 9. April hatten viele Menschen muslimischen Glaubens von Sonnenauf- bis -untergang auf Essen und Trinken verzichtet, ehe traditionell mit einer Dattel abends das tägliche Fasten gebrochen wurde. Gerade für Sportler körperlich besonders herausfordernde Wochen - so auch beim Tabellenführer der Oberliga Westfalen .
"Wir stehen nicht umsonst oben"
Um in der fünfthöchsten Spielklasse zu kicken, braucht es nicht nur Talent, sondern auch eine Menge Energie. Wer streng fastet und mehr als zwölf Stunden weder einen Schluck Wasser noch einen Happen feste Nahrung zu sich nimmt, muss hingegen mit seinen Kräften haushalten. Kein Wunder, dass TSD-Trainer Sebastian Tyrala vor einem Monat befürchtete, dass der Erfolgslauf seiner Truppe nicht so weitergehen würde. "Ich habe Türkspor vor einem Jahr als Trainer übernommen, das war genau vor dem Ramadan-Beginn", erinnert sich der siebenmalige Bundesligaspieler für Borussia Dortmund. "Ich selber faste ja nicht und musste auch erst einmal lernen, damit richtig umzugehen. Und dann hatten wir auch noch direkt verloren, es war die erste Niederlage seit Wochen."
"Ich selber faste ja nicht und musste auch erst einmal lernen, damit richtig umzugehen"
Wie sich die Ereignisse wiederholen. Bevor das Team um Kapitän Ömer Akman erneut, wie vor einem Jahr, eine feine Siegesserie hinlegte, gab es nun kurz nach Beginn des Ramadans ein siegloses Spiel, das 2:2 beim TuS Ennepetal . "Da hat man gesehen, dass den Jungs die Power fehlte", so Tyrala. "Vorher haben wir ja fast alles gewonnen."
Es blieb für den starken Aufsteiger die einzige Partie ohne Sieg in der Fastenzeit. 3:1 , 4:2 , 4:2 und 4:0 hießen in dieser Zeit die Ergebnisse von Türkspor Dortmund in der Oberliga Westfalen, hinzu kam ein 7:1 im Kreispokal über den A-Ligisten SV Westrich. "Wir haben eine gute Truppe zusammen und stehen nicht umsonst oben, trotzdem war damit während des Ramadans nicht unbedingt zu rechnen", sagt der 36 Jahre alte Tyrala.
Etwa zwei Drittel der Spieler seiner Mannschaft sind Muslime. Um sie zu schonen, reduzierte der Coach das Training oder passte die Übungseinheiten zeitlich an. "Das Training fiel mitten ins Fastenbrechen, also haben wir die Einheiten unterbrochen, damit die Jungs etwas trinken und eine Kleinigkeit essen konnten", berichtet der Ex-Profi. Außerdem nutzte er die anstrengenden Wochen, um ein wenig zu rotieren und einigen Spielern, die nicht aus religiösen Gründen fasten, die Chance auf einen Einsatz von Anfang an zu geben.
Entgegenkommen und Solidarität
Viel Entgegenkommen und Solidarität erlebte die Mannschaft außerdem bei zwei Punktspielen unter der Woche. Am 28. März musste Türkspor Dortmund bei Victoria Clarholz antreten, einer Mannschaft aus dem Westfälischen, in der kaum Spieler muslimischen Glaubens zum Kader gehören. "Die Clarholzer und auch der Schiedsrichter der Partie haben sich sehr respektvoll und geradezu vorbildlich verhalten", sagt Sebastian Tyrala. "Weil an dem Tag das Fastenbrechen genau um 19.02 Uhr war, haben wir einfach zehn Minuten später angefangen, und meine Jungs konnten vorher eine Kleinigkeit zu sich nehmen."
Am vergangenen Freitag im Derby beim TuS Bövinghausen , bei dem bis vor einem Jahr noch der 2014er-Weltmeister Kevin Großkreutz sowie der frühere Champions-League-Spieler Baris Öztürk am Ball waren, gab es in der zweiten Halbzeit eine kurze Pause zum Fastenbrechen. Nach der Zeitumstellung war es dann um 20.16 Uhr, als die Muslime Wasser, Datteln und Bananen zu sich nahmen, um dann etwas gestärkt wieder das Spiel aufzunehmen. 4:2 in Clarholz und 4:0 in Bövinghausen lauteten die Resultate zugunsten von Türkspor Dortmund. "Wir haben den Aufstieg nun in der eigenen Hand", sagt Sebastian Tyrala, der an den Durchmarsch des Oberliga-Neulings fest glaubt.
Der Lizenzantrag für die Regionalliga ist jedenfalls gestellt, im Falle des Aufstiegs müsste Türkspor Dortmund allerdings umziehen - und zwar ins Ischelandstadion nach Hagen. Doch zunächst steht erst mal die Auswärtsaufgabe beim Tabellenfünften 1. FC Gievenbeck auf dem Programm, es ist das erste Spiel nach Beendigung des Ramadans. "Ich hoffe nicht, dass wir ausgerechnet dann in unserer Leistung nachlassen", sagt Coach Tyrala.
Bleibt es bei der Erfolgsserie von Türkspor, steht am 5. Mai der Showdown im Dortmunder Amateurfußball an: Dann empfängt der jetzige Spitzenreiter den aktuellen Tabellendritten ASC Dortmund zum Topduell. Sebastian Tyrala: "Wir wollen Geschichte schreiben und den ersten türkischstämmigen Verein in die Regionalliga West bringen."