Träsch in der 7. Liga: Erster Aufstieg mit 36

Der FC Gerolfing schaffte mit Ex-Nationalspieler Christian Träsch (36) den Aufstieg in die Bezirksliga Oberbayern Nord. Das lag auch an einer besonderen Fairplay-Aktion des Gegners in der Relegation. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Träsch, der für eine weitere Saison beim Dorfverein zugesagt hat und auch als Nachwuchstrainer tätig ist, über den Amateurfußball und seinen Kumpel Julian Nagelsmann.

FUSSBALL.DE: In der bevorstehenden Saison werden Sie mit dem FC Gerolfing in der Bezirksliga kicken. Mit einem Augenzwinkern gefragt: Wie haben Sie den ersten Aufstieg in Ihrer Karriere gefeiert, Herr Träsch?

Christian Träsch: Auch wenn es sich vielleicht komisch anhört: Es war tatsächlich der erste Aufstieg in meiner Karriere. (lacht) Es war ein schönes Gefühl und ein hartes Stück Arbeit in den Relegationsduellen mit dem SV Aschau/Inn , der eigentlich die bessere Mannschaft war. Wir haben uns durch Kampf und eine starke Teamleistung die Bezirksliga erarbeitet.

Dabei wurde der Aufstieg durch eine alles andere als alltägliche Fairplay-Aktion des Gegners begünstigt. Was war geschehen?

"Am Anfang war die Stimmung ein wenig distanziert, aber mittlerweile sind wir Freunde geworden"

Träsch: Nach unserem 2:1-Hinspielerfolg passierte im Rückspiel etwa zehn Minuten vor Schluss der größte Aufreger. Ein Spieler von uns lag beim Stand von 1:1 verletzt am Boden und unser Torhüter hatte den Ball deshalb ins Aus geworfen. Die Aschauer gaben den Ball aber nicht wie üblich zurück, sondern spielten weiter und erzielten das Führungstor, das die Verlängerung bedeutet hätte. Danach gab es eine heftige Protestwelle und die Partie musste unterbrochen werden. Anschließend bewiesen die Aschauer jedoch Sportsgeist, ließen mich vom Anstoß weg ohne Gegenwehr durchlaufen und den 2:2-Ausgleich erzielen. Das war dann auch der Endstand. Ich habe in insgesamt vier Relegationsspielen drei Treffer erzielt, wollte die erfolgreiche Quote unbedingt fortsetzen. (lacht)

Hatten Sie so etwas schon einmal während Ihrer Karriere erlebt?

Träsch: Eine so kuriose und skurrile Situation war mir in der Tat noch nicht untergekommen. Aus meiner Sicht hat unser Gegner zunächst einen großen Fehler gemacht. Man spricht jetzt immer von der Aschauer Fairplay-Aktion. Aber was sie davor gemacht hatten, gehört sich nicht. Unter dem Strich muss man dem SV Aschau/Inn dennoch hoch anrechnen, dass sie uns wieder den Ausgleich ermöglicht haben, weil sie es nicht hätten machen müssen.

Sind solche Aktionen für Sie auch in der Bundesliga denkbar?

Träsch: Das wäre wünschenswert, obwohl es für die Vereine dort natürlich um viel mehr geht. Ich finde, der Fußball hat in allen Bereichen eine Vorbildfunktion. Kein Verein würde sich nachsagen lassen wollen, dass er durch eine solche unfaire Aktion auf- oder abgestiegen ist. Der Imageschaden wäre zu groß und der Verein würde diesen nie mehr los. Von daher denke ich, dass es in der Bundesliga eher gar nicht dazu kommen würde, dass ein Team versuchen würde, die Verletzung eines gegnerischen Spielers so auszunutzen.

Sie sind bereits seit 2021 für Gerolfing am Ball, hängen nach dem Aufstieg in die 7. Liga noch ein Jahr dran. Was begeistert Sie am Amateurfußball?

Träsch: Das hat nichts mit dem Amateurfußball an sich zu tun, sondern einfach mit dem Spiel. Ich freue mich auf jedes Training, habe Spaß an der Bewegung und spiele immer noch gerne Fußball. Das Zusammensein mit den Teamkollegen, von denen die meisten wesentlich jünger sind als ich, bereitet mir große Freude. In der Kabine wird genauso wie im Profibereich jede Menge Unsinn gemacht und Quatsch geredet. (lacht)

Wie ist es, wenn Sie als ehemaliger Nationalspieler mit den Teamkollegen in der Kabine sitzen?

Träsch: Zugegeben, am Anfang war die Stimmung ein wenig distanziert, aber mittlerweile sind wir Freunde geworden. Ich kann mit den Jungs Späße machen und dennoch gehen wir respektvoll miteinander um.

Mussten Sie einige Kästen Bier spendieren, bis das Eis zwischen Ihnen und dem Team gebrochen war?

Träsch: Alles ging relativ schnell, von daher hatte ich einen günstigen Einstand. (lacht)

Ist nach drei Jahren beim FC Gerolfing bereits "Normalität" eingekehrt oder bekommen Sie nach wie vor eine besondere Aufmerksamkeit, beispielsweise bei den Gegenspielern?

Träsch: Im ersten Jahr war die Aufmerksamkeit bei den Gegenspielern noch wesentlich größer. Ich wurde häufiger umgehauen und so herzlich in der Kreisliga begrüßt. (lacht) Das war nicht ganz so schön und die Gegenspieler wollten mir zeigen, dass sie es auch draufhaben. Es kam auch mal vor, dass ich eine "Sonderbewachung" bekam und mir ein Spieler während der gesamten Partie hinterhergelaufen ist. Mittlerweile hat sich das aber gelegt.

Sie hatten Ihre Karriere in Dubai bei Al-Wasl Sports Club beendet, haben dort auch als Scout gearbeitet. Anschließend sind Sie mit Ihrer Familie nach Deutschland zurückgekehrt. Mit welchen Erfahrungen?

Träsch: Wir hatten in Dubai eine schöne Zeit, durften neben dem finanziellen Aspekt eine komplett andere Kultur und Sprache kennenlernen. Schade, dass die Auslandserfahrung wegen der Corona-Infektion früher als geplant beendet werden musste. Ich hatte eine wunderbare Karriere, blicke sehr positiv darauf zurück. Aber vor allem für unsere Kinder hatte der Aufenthalt in Dubai einen riesengroßen Mehrwert, weil sie aufgrund ihrer Englischkenntnisse nun wenig Probleme in der Schule haben. Hoffentlich bleibt es so.

Wie lange haben Sie noch vor, dem Ball hinterher zu jagen?

Träsch: Solange es Spaß macht und gesundheitlich geht. Erst wenn ich mich zum Training quälen muss, werde ich mir Gedanken machen.

Sie trainieren beim FC Gerolfing auch das Team Ihrer Tochter Tamina. Wieviel Freude bereitet Ihnen der Trainerjob?

Träsch: Wir haben seit dieser Saison eine Mädchenmannschaft und es ist immer schwer, in einem kleinen Dorfverein einen Trainer zu finden. Meine elfjährige Tochter spielt leidenschaftlich gerne Fußball, deshalb habe ich mich angeboten. So kann ich viel Zeit mit ihr verbringen und die Entwicklung hautnah miterleben.

Sie haben während Ihrer Laufbahn viel erlebt. Welche Spieler und Trainer haben Sie am meisten beeindruckt?

Träsch: Als Spieler hat mir Kevin De Bruyne am meisten imponiert. Er ist sensationell, spielt seit Jahren auf einem unfassbar hohen Niveau. Von jedem Trainer kann man etwas Positives mitnehmen. Deshalb ist es schwer, jemanden hervorzuheben.

Was waren Ihr schönsten Erlebnisse als Profifußballer?

Träsch: Es waren schöne Zeiten und es an einem Spiel festzumachen, wird dem Ganzen nicht gerecht. Der Finalsieg im DFB-Pokal mit dem VfL Wolfsburg gegen Borussia Dortmund und mein 90-Minuten-Einsatz beim 3:2-Erfolg im Freundschaftsländerspiel gegen Brasilien sind aber schon besondere Erinnerungen. Ich erzähle auch gerne davon.

Wie sehr haben Sie bei der EURO mit dem DFB-Team mitgefiebert und wie bewerten Sie die Perspektiven für die Zukunft?

Träsch: Bundestrainer Julian Nagelsmann ist ein guter Freund von mir. Wir haben die gleiche Schule besucht und in der Jugend beim TSV 1860 München Tür an Tür im Internat gewohnt. Ich kenne Julian noch als leidenschaftlichen Fußballer. Die Nationalmannschaft und Deutschland haben sich bei der Europameisterschaft in einem guten Licht präsentiert. Das DFB-Team hat im Land wieder ein Wir-Gefühl geschaffen. Viele Fans konnten sich vor einem Jahr nicht mehr mit dem Team identifizieren, die Stadien waren nicht ausverkauft. Der gesamte DFB-Staff hat dafür gesorgt, dass sich die Fans wieder auf ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft freuen. Das Team hat einen attraktiven Fußball gespielt, deshalb bin ich auch für die Zukunft sehr positiv gestimmt.

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Träsch: "Erst wenn ich mich zum Training quälen muss, werde ich mir Gedanken machen."

Autor*in
Autor/-in: Peter Haidinger/MSPW