Sandra Hofmann: "Kampf gegen Klischees"
Sandra Hofmann ist Vorsitzende des Frauen- und Mädchenausschusses des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV). Seit März 2019 ist die gebürtige Mittelfränkin auch Vorstandsmitglied des BFV. Von 2011 bis 2018 war sie zunächst Kreisbeauftragte für den Frauen- und Mädchenfußball im Fußballkreis Neumarkt/Jura, ehe sie im Jahr 2018 erste Bezirksspielleiterin im bayerischen Amateurfußball überhaupt wurde. Sie ist zudem Mitglied im DFB-Ausschuss für Beachsoccer, Freizeit- und Breitensport. Für ihre Verdienste ist sie bereits mit der Verbands-Ehrennadel ausgezeichnet worden.
"Ich komme aus einer fußballverrückten Familie. Mein Vater und mein Bruder waren Torhüter und immer meine großen Vorbilder", schwärmt Sandra Hofmann von ihrer Kindheit. "Fußball war immer Thema bei uns zu Hause - und dann war es schon fast vorgegeben, dass ich auch angefangen habe Fußball zu spielen." Bis zu den Frauen spielte Sandra Hofmann aktiv Fußball, dann wurde sie von einer Verletzung ausgebremst. "Ich war dann erst mal Trainerin bei den Mädels, habe aber gemerkt, dass das nicht wirklich meine Kernkompetenz ist. Schiedsrichterin kam für mich auch nicht in Frage, da ich in den Trainingsspielen wirklich immer alles laufen lassen habe, da gab's keine Fouls", schmunzelt Hofmann.
Da sie sich aber trotzdem unbedingt im Amateurfußball engagieren wollte, kam es für sie sehr passend, dass ein Staffelleiter Sandra Hofmann im Jahr 2011 fragte, ob er ihr Nachfolger werden wollte. "Als ich dann meine erste Kreisausschuss-Sitzung hatte war ich da die einzige Frau. Das war völlig in Ordnung und ich war total akzeptiert, aber jetzt 13 Jahre später würde ich mir schon wünschen, dass in dieser Zeit mehr in der Hinsicht passiert wäre." Sandra Hofmann findet es schade, dass es die meisten Frauen heute immer noch in einem rein männlichen Kreisausschuss sitzen. "Ich bin zwar auch ein sehr ungeduldiger Mensch, aber es könnte meiner Meinung nach mit der Durchmischung der Geschlechter in diesen Gremien wirklich ein bisschen schneller gehen. Frauen stehen bei uns im Verband alle Türen offen."
Durchmischung langsam zu spüren
"Viel zu oft wird davon ausgegangen, dass Frauen im Verband nur im Frauen- und Mädchenfußballbereich arbeiten - das sind Klischees, das ist einfach Quatsch"
Ein wichtiges Anliegen ist es Sandra Hofmann, zwischen Frauenfußball und Frauen im Fußball zu unterscheiden: "Viel zu oft wird das einfach gleichgesetzt und davon ausgegangen, dass Frauen im Verband nur im Frauen- und Mädchenfußballbereich arbeiten. Das sind Klischees, das ist einfach Quatsch." Die Durchmischung sei langsam zu spüren und es werden Schritt für Schritt Positionen im Männerbereich mit Frauen besetzt, aber es gehe nach wie vor schleppend. Sandra Hofmann selbst war 2018 die erste weibliche Bezirksspielleiterin im Bayrischen Fußball-Verband. Damals hatte Sie auch mit Vorurteilen zu kämpfen und ihre Kompetenzen wurden teilweise angezweifelt: "Ja, klar, das hat mich im ersten Moment durchaus etwas gekränkt, aber gleichzeitig umso mehr motiviert, zu zeigen, dass ich der Aufgabe gewachsen war", erzählt Sandra Hofmann.
"Heute sehen die Gremien schon etwas anders aus, aber wenn der Fußball für alle da sein soll, dann müssen wir die Gesellschaft auch in den Ausschüssen abbilden und einfach diverser werden. Meiner persönlichen Erfahrung nach arbeiten diversere Arbeitsgemeinschaften auch immer effektiver und kreativer", antwortet Sandra Hofmann auf die Frage, was sie sich aktuell konkret für ihren Verband wünschen würde. Größere Sorgen bereitet ihr aber das Ehrenamt im Allgemeinen. Viele Vereine hätten Probleme Ehrenamtliche zum Beispiel für das Amt des Jugendleiters zu finden. Aber auch im Verband fehlten Leute und es gestaltet sich schwer hier neue Leute zu akquirieren. Oft sei der Zeitaufwand der Hauptgrund dafür, dass vor allem Frauen ein Engagement ablehnten, auch wenn sie Lust darauf hätten. "Da merkt man schon noch sehr oft die alte, in meinen Augen absolut veraltete Rollenverteilung in Partnerschaften. Mir begegnet es oft in Gesprächen mit Frauen, dass der Mann als Spieler oder Trainer im Verein engagiert oder eine Position im Verband erfüllt und den Frauen durch Care-Arbeit die Zeit für ein ehrenamtliches Engagement fehlt."
Alternative Formen für das Ehrenamt
Um Leute für das Ehrenamt zu begeistern und neu hinzuzugewinnen, die sich nicht regelmäßig binden wollen oder können, schlägt Sandra Hofmann alternative Formen vor: "Ich bin großer Fan des projektbezogenen Ehrenamtes. Das ist die Möglichkeit vor allem junge Leute in Vereinen und Verbänden zu halten, wenn man Sie für ein Projekt wie eine Jubiläumsfeier, ein Fußball-Camp oder ähnliche Events gewinnen kann. – Dann trifft man sich im Vorhinein zwei- bis dreimal meist online zur Planung und hat dann einen Tag Arbeit und danach wieder Pause vom Ehrenamt. Und trotzdem ist jedem Verein damit wahnsinnig geholfen." Hofmann sieht darin ebenfalls die Chance, Leute, die beispielsweise für ein Studium wegziehen, im Verein zu halten und wenn sie nach dem Studium zurückkehren, wieder in den Verein zu integrieren.