Ole Böttcher: "Kai Havertz der Landesliga"
Mit 44 Treffern in 30 Spielen sicherte sich Ole Böttcher vom TV Eiche Horn in der 6. Liga die Torjägerkanone für alle. Dabei setzte sich der 20 Jahre alte Linksaußen erst am letzten Spieltag mit einem Doppelpack die Krone auf und verdrängte seinen hartnäckigsten Konkurrenten Moritz Paul vom SV Budberg (43 Treffer) noch. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht Ole Böttcher über seine Ziele, Kai Havertz und die EURO 2024.
FUSSBALL.DE: Ihre 44 Treffer reichten zum Gewinn der Torjägerkanone in der 6. Liga. Wie sehr waren Sie überzeugt, dass Sie sich den Titel schnappen, Herr Böttcher?
Ole Böttcher: Mein Ziel war vor der Saison der Aufstieg mit meiner Mannschaft in die Oberliga. Erst später war für mich absehbar, dass ich gute Chancen auf die Torjägerkanone habe und es schaffen kann. Im Saisonfinale hatte ich das Ranking permanent im Blick, wollte möglichst viele Tore erzielen, ohne meinen Spielstil zu verändern. Dass wir am Ende beide Titel abräumen konnten, ist für mich die Kirsche auf der Sahnetorte.
Dabei haben Sie den entscheidenden Treffer für den Gewinn der Torjägerkanone erst in der siebten Minute der Nachspielzeit zum 4:0-Endstand beim TSV Wulsdorf erzielt. Wie haben Sie diesen Moment wahrgenommen?
"Im Saisonfinale hatte ich das Ranking permanent im Blick, wollte möglichst viele Tore erzielen, ohne meinen Spielstil zu verändern"
Böttcher: Vor dem Spiel wusste ich, dass ein Tor reicht, um mit dem Führenden gleichzuziehen. Während der regulären Spielzeit gab es eine verletzungsbedingte Spielunterbrechung, deshalb hatte der Schiedsrichter so lange nachspielen lassen. Praktisch mit der letzten Aktion habe ich meinen 44. Treffer erzielt. Danach fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich habe mich unglaublich gefreut, dass ich es geschafft habe.
Hatte Sie der Gedanke an die Torjägerkanone beflügelt?
Böttcher: Unsere Saison dauerte im Vergleich zu meinen Mitkonkurrenten noch etwas länger. Deshalb wusste ich, wie viele Tore ich noch benötige, um ganz vorne zu landen. Das war vielleicht ein kleiner Vorteil. Ich hatte aber tatsächlich auch eine Phase, in der es nicht so gut für mich lief und ich vor dem Tor zu viel nachgedacht hatte. So gesehen hat mich das zwischenzeitlich auch ein wenig gehemmt. Zum Glück hat es am Ende dennoch gereicht.
Wie sind Sie mit der Durststrecke umgegangen?
Böttcher: Ende März hatte ich zwei Spiele in Folge keinen Treffer erzielt. Daraufhin habe ich im Training noch härter an mir gearbeitet, damit es in den nächsten Spielen wieder läuft. Beim 5:3 gegen SVGO Bremen ist bei mir dann mit einem Viererpack der Knoten wieder geplatzt. Dadurch habe ich mich freigeschossen. (lacht)
Was bedeutet Ihnen der Gewinn der Torjägerkanone für alle?
Böttcher: Mittlerweile überwiegt der Stolz. Dass Amateurfußballer für ihre Leistungen geehrt werden, finde ich einfach sensationell. Für mich war der Gewinn der Torjägerkanone der perfekte Abschluss einer tollen Saison.
Gleich drei Spieler aus Bremen stehen im Ranking in der 5., 6. und 8. Liga ganz oben auf der Liste, werden gemeinsam mit den weiteren Gewinner*innen am 14. Oktober beim Nations-League-Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande in München mit der Torjägerkanone ausgezeichnet. Warum gibt es in Bremen so viele erfolgreiche Torjäger?
Böttcher: Die fußballerische Qualität in Bremen ist im Vergleich zu anderen Bundesländern wegen der geringen Fläche nicht ganz so hoch. Dadurch passiert vielleicht schon mal der eine oder andere Fehler mehr. Es ist sicherlich kein Zufall, dass in der Bremen-Liga in der vergangenen Saison bundesweit die meisten Tore gefallen sind.
Wie gut kennen Sie Ihre erfolgreichen Mitstreiter?
Böttcher: Im Winter habe ich einige Zeit bei der U 23 des SV Werder Bremen mittrainiert und dabei auch Torjäger Maik Lukowicz kennengelernt, der sich in der 5. Liga mit 50 Treffern die Kanone geholt hat. Jan Herfordt, der in der 8. Liga für CF Victoria Bremen 52 Tore erzielte, habe ich noch nicht getroffen. Aber das wird sich ja demnächst ändern. (lacht)
Werden Sie mit den anderen Bremer Torjägern eine Fahrgemeinschaft zum Länderspiel nach München bilden?
Böttcher: Noch ist in dieser Richtung nichts geplant. Es ist aber definitiv ein schöner Gedanke, mit dem ich mich anfreunden kann. Ich hätte auf jeden Fall nichts dagegen.
In der kommenden Spielzeit gehen Sie mit dem TV Eiche Horn in der fünftklassigen Bremen-Liga auf Torejagd. Was haben Sie sich vorgenommen?
Böttcher: Ich möchte mich persönlich weiterentwickeln und meiner Mannschaft möglichst auch eine Liga höher mit vielen Toren helfen. Wir wollen uns in der Bremen-Liga etablieren und werden alles dafür tun, damit wir nicht gleich wieder absteigen.
Wie würden Sie Ihre besonderen Qualitäten beschreiben?
Böttcher: Ich bin der perfekte Allrounder, kann alles relativ gut, aber nichts besonders. Deshalb bin ich für jeden Gegner unberechenbar. (lacht)
Wie lautet Ihr Erfolgsgeheimnis?
Böttcher: Konstanz ist für einen Stürmer eines der wichtigsten Dinge im Fußball. Ich will in jedem Spiel an meine Leistungsgrenze kommen. Um das zu erreichen, benötigt man die richtige Einstellung. Nur durch harte und ehrliche Arbeit kommt Konstanz. Es gibt Spieler, die können sich nur für die wichtigen Spiele motivieren. Zu denen gehöre ich nicht.
Mit Ihrer Torquote haben Sie sich auch für andere Vereine interessant gemacht. Warum bleiben Sie dem Dorfklub TV Eiche Horn dennoch treu?
Böttcher: Ich spiele schon mein ganzes Leben für TV Eiche Horn. Alle meine Freunde kicken dort, ich kenne alle Trainer seit meinem zehnten Lebensjahr. Der Verein ist wie eine zweite Familie. Natürlich reizt auch mich der mögliche Sprung in den bezahlten Fußball. Dafür muss aber alles passen.
Bei Ihrem Herzensklub absolvieren Sie gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr. Welche Aufgaben wurden Ihnen anvertraut?
Böttcher: Ich wohne noch zu Hause bei meinen Eltern, bin mit dem Fahrrad nur drei Minuten bis zur Sportanlage unterwegs. Ich bin als Co-Trainer für unsere B-Juniorenmannschaft im Einsatz, erledige auf der Geschäftsstelle Büroarbeit und mache Kinderbetreuung in verschiedenen Turngruppen.
Gibt es sportliche Vorbilder, an denen Sie sich orientierten?
Böttcher: Als Jude Bellingham noch für Borussia Dortmund gespielt hatte, fand ich ihn genial. Bei der EURO 2024 wirkte er wegen seiner Körpersprache aber eher unsympathisch. In den zurückliegenden Jahren wurde ich bei uns oft mit Nationalspieler Kai Havertz verglichen. Ich habe die gleiche Statur, schieße Tore mit links und rechts, kann auf allen Positionen spielen. Deshalb wurde ich auch schon "Kai Havertz der Landesliga" genannt.
Mit welchen persönlichen Zielen starten Sie in die neue Saison?
Böttcher: Ich möchte mich verbessern, körperlich zulegen, noch mehr Zweikämpfe gewinnen. Ich hoffe, dass ich verletzungsfrei bleibe und weiterhin viele Tore erziele.