KF Sharri Dortmund: Albanische EM-Vorfreude

Knapp sechs Kilometer sind es vom Sportplatz in der Schumannstraße bis zum Dortmunder EM-Stadion. Agim Jusufi könnte die Strecke laufen, wenn er am Samstag (ab 21 Uhr) zum Spiel der EURO 2024 zwischen Italien und Albanien wollte. Noch hat der 48-Jährige keine Karte für die Partie, aber eigentlich müsste er dabei sein. Erst zum zweiten Mal nach 2016 hat sich die kleine Nation Albanien für die Endrunde einer Europameisterschaft qualifiziert. Nicht nur in Dortmund haben die Rot-Schwarzen etliche Fans, gerade in der Stadt des Champions-League-Finalisten BVB aber besonders viele.

Daran hat auch Agim Jusufi seinen Anteil, er ist der Vorsitzende und Jugendleiter des KF Sharri Dortmund , eines der wenigen albanischen Amateurklubs in Deutschland. Mit FUSSBALL.DE spricht er über seinen Verein und die Chancen der Albaner bei der EM.

Wie kam es damals zur Gründung des KF Sharri?

Agim Jusufi : Den KF Sharri gab es bereits seit 1981 als Kulturverein, 1996 haben wir dann mit Menschen, die aus dem Kosovo, Mazedonien und anderen Teilen aus dem früheren Jugoslawien nach Deutschland gekommen sind, die Fußballabteilung gegründet. Ich selber bin in Deutschland geboren, aber mit sechs Jahren erst einmal zurück in die Heimat meiner Eltern gezogen und seit 1989 wieder in Dortmund.

"Man sollte Albanien nicht unterschätzen - nicht umsonst kicken einige der Jungs in der Serie A oder in anderen großen europäischen Ligen"

Was bedeutet Sharri?

Jusufi : Sharr ist ein Gebirge in der Grenzregion zwischen Albanien, Nordmazedonien und dem Kosovo, heute ist es ein Nationalpark. Wir haben den Namen deshalb gewählt, damit sich alle Menschen, die aus der Region nach Deutschland und nach Dortmund gekommen sind, einbezogen fühlen.

Spieler welcher Nationalitäten sind beim KF Sharri am Ball?

Jusufi : Das ist ganz gemischt. Die Hälfte der Spieler ist albanischer Herkunft, aber bei uns kicken auch Deutsche, Türken und Jungs aus vielen verschiedenen anderen Nationen. Wir haben mittlerweile acht Mannschaften, die erste spielt inzwischen in der Kreisliga A , nachdem wir in der ersten Saison damals direkt von der C- in die B-Klasse aufgestiegen sind und zwei Jahre später noch eins höher. Außerdem haben wir sechs Jugendteams in unseren Reihen.

Was bedeutet es für die albanische Community, dass Albanien bei der EM dabei ist?

Jusufi : Das ist für uns eine Riesenehre! Wir sind stolz darauf, wenn wir die Mannschaft in einem Turnier mit den besten Spielern der Welt auf dem Platz sehen. In der Qualifikation haben wir allerdings auch schon gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist, schließlich haben wir die Gruppe gewonnen und dabei Tschechien und Polen geschlagen.

Die EM-Gruppe hätte allerdings kaum schwerer sein können: Erst geht es gegen Italien, dann warten noch Kroatien und Spanien als Gegner.

Jusufi : Von Losglück kann man da wahrlich nicht sprechen. (lacht) Wir haben damals die Auslosung bei uns im Vereinsheim geschaut und schon gedacht: "Warum nicht ein etwas leichterer Brocken?" Spanien ist für mich der Favorit, gegen Italien und Kroatien sehe ich uns nicht chancenlos. Man sollte uns nicht unterschätzen, denn wir haben eine starke Truppe. Nicht umsonst kicken einige der Jungs in der Serie A oder in anderen großen europäischen Ligen. Wir werden mutig in diese schweren Duelle gehen und brauchen uns nicht zu verstecken.

Wer hat in der albanischen Mannschaft das Zeug zum Überraschungsspieler des Turniers?

Jusufi : Was Kristjan Asllani von Inter Mailand kann, wissen Fans, die den internationalen Fußball verfolgen. Armando Broja sollte man im Auge behalten, er gehört zu Chelsea, war aber in der abgelaufenen Saison an Fulham ausgeliehen und hat regelmäßig in der Premier League gespielt. Ein wichtiger, erfahrener Mann ist Berat Djimsiti vom aktuellen Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo. In der Quali ist auch Mirlind Daku aufgefallen, der zwar kein Stammspieler ist, aber immer richtig frischen Wind gebracht hat, wenn er reinkam.

Erwarten Sie zum EM-Auftakt viele albanische Fans im Dortmunder Stadion, oder wird es ein Heimspiel für Italien?

Jusufi : Es gibt natürlich in Deutschland viel mehr Italiener als Albaner, von daher könnte es so sein. Ich habe mich um Karten bemüht, bin aber leider leer ausgegangen. Nun werden wir eine große EM-Party mit Public Viewing auf einem Beamer in unserem Vereinsheim in der Schumannstraße machen - und hoffentlich danach feiern!

Hat der KF Sharri auch Kontakt zu den anderen albanischen Vereinen in Deutschland, zum Beispiel aus Mainz, Kassel, Singen oder Hamburg?

Jusufi : Nur zu einigen. Wir haben engen Kontakt zum FC Kosova aus Düsseldorf, außerdem haben wir mal an einem Turnier teilgenommen, an dem verschiedene Klubs aus der albanischen Community teilgenommen haben. Ansonsten sind wir aber ein ganz normaler Amateurfußballverein in Dortmund.

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"Die Hälfte der Spieler ist albanisch, aber bei uns kicken auch Jungs aus vielen anderen Nationen": KF Sharri.

Autor*in
Autor/-in: Heiko Buschmann