Karina Wilhelm: 44 Treffer in nur 10 Spielen!
Exakt 90 Tore hat der SV 1911 Dingelstädt, Meister in der Frauen-Kreisoberliga Nordthüringen (5. Liga), in zwölf Saisonspielen erzielt. Allein 44 Treffer (bei nur zehn Einsätzen) gehen auf das Konto von Torjägerin Karina Wilhelm. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht die 31 Jahre alte Lehrerin für Deutsch und Sport über die Torjägerkanone für alle, eine halbe Banane vor dem Spiel und Roy Makaay.
FUSSBALL.DE: Mit 44 Treffern belegen Sie aktuell Platz zwei in der bundesweiten Torjägerinnenliste für die 5. Liga, obwohl Sie zum Teil deutlich weniger Spiele bestritten haben als Ihre Konkurrentinnen. Haben Sie mit einem solchen Abschneiden gerechnet, Frau Wilhelm?
Karina Wilhelm: Gar nicht. Ich habe eine vierjährige Fußballpause hinter mir und erst in dieser Saison wieder angefangen. Von daher bin ich schon ein wenig überrascht, wie gut es noch klappt. (lacht)
Warum haben Sie pausiert?
"Für die Außendarstellung des Vereins und der gesamten Mannschaft wäre der Gewinn der Torjägerkanone eine Supersache."
Wilhelm: Bis 2019 hatte ich noch in der Verbandsliga für den FSV Uder 1921 gespielt. Die Frauenmannschaft wurde jedoch mangels Spielerinnen aufgelöst. Damals hatte ich gerade mein Referendariat begonnen und mich deshalb mehr auf meine berufliche Karriere konzentriert.
Im Schnitt erzielen Sie mehr als vier Tore pro Spiel. Wie lautet das Erfolgsgeheimnis?
Wilhelm: Vor allem habe ich eine gute Mannschaft hinter mir, die mich von vielen Verpflichtungen der Defensivarbeit entbindet. Außerdem bin ich für mein Alter noch relativ schnell unterwegs, kann meinen Gegenspielerinnen oft noch davonlaufen. Dazu werde ich von meinen Mitspielerinnen mustergültig bedient, muss oft nur noch den Fuß hinhalten. (lacht)
Was würde Ihnen der Gewinn der Torjägerkanone für alle bedeuten?
Wilhelm: Das wäre überragend und auch eine Anerkennung für die Arbeit und die Entbehrungen, die man auf sich nimmt. Für die Außendarstellung des Vereins und der gesamten Mannschaft wäre der Gewinn der Torjägerkanone eine Supersache.
Wie bereiten Sie sich auf ein Spiel vor? Gibt es besondere Rituale?
Wilhelm: Am Vorabend keinen Alkohol trinken, nach dem Spiel in der Kabine aber schon. Vor einem Spiel benötige ich meine festen Abläufe, spule mein Aufwärmprogramm ab und teile mir in der Kabine immer eine Banane mit Anna Wiederhold.
Wie kommt es denn dazu?
Wilhelm: Ich habe mit Anna schon beim FSV Uder 1921 zusammengespielt. Sie hat mich überredet, beim SV 1911 Dingelstädt wieder mit dem Fußball anzufangen. Dafür bin ich meiner Freundin sehr dankbar.
Waren Sie immer schon so torgefährlich und wie würden Sie grundsätzlich Ihre Stärken und Schwächen bezeichnen?
Wilhelm: Für den FSV Uder 1921 habe ich sogar einmal 49 Saisontore erzielt, allerdings in deutlich mehr Spielen. Insgesamt bin ich sportlich vielseitig unterwegs, mache Krafttraining, jogge und gehe sehr viel mit meiner Hündin Bailey wandern. In der Defensive kann man mich nur als "Fahnenstange" hinstellen und ich bin auch kein Kopfball-Ungeheuer. Ich könnte wohl noch mehr Tore erzielen, wenn ich vor dem Tor nicht so viel nachdenken würde.
In der Kreisoberliga ist Ihrem Team die Tabellenführung nicht mehr zu nehmen. Gab es bereits eine vorzeitige Meisterschaftsfeier?
Wilhelm: Wir haben über Pfingsten drei Tage unsere Meisterschaft in Prag gefeiert. Ursprünglich stand Mallorca auf dem Plan. Wir haben uns dann aber für Prag entschieden, weil dadurch von unseren insgesamt 16 Spielerinnen auch einige Mütter aus dem Team nachreisen konnten.
Was zeichnet Ihre Mannschaft ganz besonders aus?
Wilhelm: Der Zusammenhalt auf und neben dem Platz ist riesengroß. Wenn wir einen Treffer erzielen, rennt die Mannschaft nicht geschlossen zur Torschützin, sondern auch die Vorarbeiterin wird entsprechend gelobt. Jeder gönnt der anderen den Erfolg, was ich zuvor in dieser Form noch nie erlebt hatte.
Gab es in Ihrer Jugend Vorbilder, an denen Sie sich orientiert haben?
Wilhelm: Mein verstorbener Vater Gerhard, der mich als Kind immer zum Sportplatz mitgenommen hatte, war mein großes Vorbild. Er hat in der Bezirksliga für SV Einheit 1896 Breitenbach jede Menge Tore erzielt. Bei den Profis fand ich den niederländischen Nationalspieler Roy Makaay super.
Welche sportlichen und privaten Ziele verfolgen Sie in der neuen Saison?
Wilhelm: Sportlich steht für uns noch am 22. Juni das Finale im Kreispokal gegen den FSV Preußen Bad Langensalza an. Privat möchte ich mir in den nächsten Jahren ein Eigenheim zulegen und noch einiges von der Welt sehen.