Gronaus Joker stechen: Aus 0:4 wird 7:4!

In der Kreisliga A Ahaus-Coesfeld lag Fortuna Gronau 09/54 gegen den Tabellenzweiten SuS Legden nach nur 36 Minuten bereits mit 0:4 zurück. Zur Pause wechselte Gronaus Trainer Nenad Vukajlovic beim Stand von 1:4 gleich viermal - und lag damit goldrichtig. Am Ende siegte die Fortuna mit 7:4.

Der 43 Jahre alte Kroate, der im Berufsleben als Automobilkaufmann sein Geld verdient, bewies mit seinen Einwechslungen ein äußerst glückliches Händchen. Im Interview mit FUSSBALL.DE spricht Vukajlovic über die sagenhafte Aufholjagd.

FUSSBALL.DE: Ihr Team hat nach einem 0:4-Rückstand große Comeback-Qualitäten bewiesen. Haben Sie eine solche Aufholjagd schon einmal erlebt, Herr Vukajlovic?

Nenad Vukajlovic: Einen 0:4-Rückstand zu drehen, ist der helle Wahnsinn. So etwas habe ich weder als Spieler noch als Trainer jemals erlebt.

"Diesmal war Kaiserslautern eben in Gronau"

Hatte sich der SuS Legden nach dem 2:1-Hinspielsieg und der deutlichen Führung bereits zu sicher gefühlt?

Vukajlovic: Ich habe das Spiel auf Video aufnehmen lassen und am nächsten Tag mit der Mannschaft bei Bier und Pizza analysiert. (lacht) SuS Legden verfügt über ein starkes Team, hat als Ziel den Aufstieg ausgerufen. Vielleicht waren sie sich zu sicher und dachten, dass das Spiel bereits gelaufen ist. Da haben sie sich aber gewaltig getäuscht, denn wir stellen mit insgesamt 47 Toren die stärkste Offensive in der Liga. Das kommt nicht von ungefähr.

Dennoch: Wie ist dieser Spielverlauf zu erklären?

Vukajlovic: Der 0:4-Rückstand spiegelte schon bis dahin überhaupt nicht den wahren Spielverlauf wider. Wir hatten in der ersten Halbzeit gleich mehrere hundertprozentige Chancen liegengelassen. Dagegen war SuS Legden brutal effektiv, erzielte gefühlt aus vier Möglichkeiten vier Tore. Unser 1:4-Anschlusstreffer vor der Pause war dann der Dosenöffner für die unglaubliche Aufholjagd. Meine Mannschaft hat eine brutal starke zweite Halbzeit hingelegt. Wenn das Spiel am Ende sogar noch 10:4 ausgegangen wäre, hätte sich SuS Legden auch nicht beschweren dürfen. Der Gegner kam überhaupt nicht mehr vor unser Tor und wurde förmlich überrollt.

Wie fiel denn Ihre Halbzeitansprache aus?

Vukajlovic: Ich war wegen der schlechten Chancenverwertung stocksauer, bin in der Kabine extrem laut geworden, musste das Team wachrütteln. Offenbar hat es gewirkt. Ich muss dem Team für die Leistung in der zweiten Halbzeit ein Riesenlob aussprechen.

Sie hatten in der Pause gleich vier Wechsel vorgenommen und lagen bei Ihren Einwechslungen goldrichtig. Glück oder taktisches Kalkül?

Vukajlovic: Mit den beiden Flügelflitzern Marcel Buß und Jani Fahad bekamen unsere Offensivspieler Marco Pereira Ferreira und Florian Temjanovski den nötigen Speed und die individuelle Klasse zur Seite gestellt. Yannic Suchanke stabilisierte die Abwehr, und Andreas Struwe zog die Fäden im Mittelfeld. Durch die vier Wechsel hatten wir plötzlich mehr Qualität auf dem Platz. Der Gegner war vollkommen überrascht.

Weshalb hatten Ihre torgefährlichen Joker, die immerhin drei Tore in der zweiten Halbzeit besteuerten, nicht in der Startformation gestanden?

Vukajlovic: Das hatte verschiedene Gründe. Doppeltorschütze Marcel Buß kam nach seiner Knieverletzung erstmals überhaupt in diesem Jahr zum Einsatz und legte auch noch zwei weitere Treffer auf. Jani Fahad, der eigentlich für die Startelf geplant war, kam wegen eines Trauerfalls zu spät zum Treffpunkt und trug sich dann als Einwechselspieler ebenfalls in die Torschützenliste ein. Mein Co-Trainer Marco Pereira Ferreira kommt ebenfalls aus einer Verletzung, musste dann aber von Beginn an spielen. Er hat auch einen Treffer erzielt und zwei Tore vorgelegt.

Wie sind die Reaktionen nach dem Spiel ausgefallen?

Vukajlovic: Unsere dritte und zweite Mannschaft hatten vor uns gespielt und uns dann tatkräftig angefeuert. Auch die A- und B-Junioren haben sich das Spiel angeschaut. Nach der Partie lagen sich Zuschauer und Spieler in den Armen, konnten es nicht glauben, dass wir gegen einen Meisterschaftskandidaten so ein Spiel gedreht haben. Im Vereinsheim wurde der Sieg bis in die späten Abendstunden gefeiert. Es war ein Tag, den wir so schnell nicht vergessen werden.

In der Bundesliga gab es vor mehr als 50 Jahren mal einen fast identischen Spielverlauf, als der 1. FC Kaiserslautern gegen den FC Bayern nach einem 1:4-Rückstand ebenfalls noch 7:4 gewann. Haben Sie das Ihren Spielern gesagt?

Vukajlovic: Um ganz ehrlich zu sein: Das wusste ich gar nicht. Ein solches Spiel ebenfalls erleben zu dürfen, ist Wahnsinn - wenn auch auf einer ganz anderen Ebene. Diesmal war Kaiserslautern eben in Gronau. (lacht)

Wie viel Auftrieb gibt die Aufholjagd für den Saisonendspurt?

Vukajlovic: Wir wollen in der Abschlusstabelle einen Platz unter den ersten drei Mannschaften einnehmen. Natürlich macht uns der Auftritt Mut. Dazu muss man aber auch wissen: Bei uns stehen ausschließlich Spieler aus Gronau im Kader. Ich habe vor der Saison fünf A-Jugendliche in das Team integriert. Der Umbruch ist vollzogen. In der nächsten Saison peilen wir dann den Aufstieg an.

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Fortuna-Coach Nenad Vukajlovic: "Wenn das Spiel am Ende sogar noch 10:4 ausgegangen wäre, hätte sich SuS Legden auch nicht beschweren dürfen".

Autor*in
Autor/-in: Peter Haidinger/MSPW