Blum: Vor 50 Jahren Balljunge, nun Volunteer

Sein Arbeitsplatz ist Eingang D, vor der Nordkurve der Arena. Vier Spiele haben bisher im EM-Stadion in Gelsenkirchen stattgefunden, das letzte, das spannende Achtelfinale zwischen England und der Slowakei am Sonntag, ist gerade mit 2:1 nach Verlängerung für die Briten zuende gegangen. Jörg "Flower" Blum hat jetzt Feierabend.

Der 64-Jährge engagierte sich als Volunteer bei der EURO 2024. Als Helferinnen und Helfer für die Spiele in Deutschland gesucht wurden, zögerte der Schalke-Fan und aktive Walking Footballer der Königsblauen keine Sekunde und meldete sich bei der UEFA als Freiwilliger. Kurios: Vor 50 Jahren war er schon einmal bei einem Turnier in Gelsenkirchen im Einsatz. Im FUSSBALL.DE -Interview spricht er darüber.

FUSSBALL.DE: Jörg Blum, was haben Sie bei den vier Spielen der EURO 2024 in Gelsenkirchen erlebt?

Jörg Blum: Eine Menge, vor allem viele schöne Erfahrungen und Begegnungen. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht zu sehen, wie Fans aus ganz Europa nach Deutschland und hier zu uns nach Gelsenkirchen kommen, um die Fußballspiele zu sehen und friedlich zu feiern. Es war eine unheimlich schöne Stimmung, die Leute waren nett und haben sich einfach auf Fußball gefreut.

"Die Georgier haben so eine Party gemacht, das war der Wahnsinn - ich habe noch nie so viele erwachsene Männer vor Rührung weinen sehen."

England gegen Serbien, Italien gegen Spanien, Portugal gegen Georgien und dann noch einmal England, diesmal gegen die Slowakei - so hießen die Partien in Gelsenkirchen. Was war Ihre Highlight?

Blum: Das war der Sieg von Georgien gegen Portugal. Die Georgier haben so eine Party gemacht, das war der Wahnsinn. Ich habe noch nie so viele erwachsene Männer vor Rührung weinen sehen. (lacht)  Ich muss aber sagen, dass es auch bei den anderen Spielen sehr schön war, ich habe nur freundliche Menschen erlebt, die uns Volunteers sehr viel Respekt entgegengebracht haben.

Was war konkret Ihre Aufgabe?

Blum: Ich habe den Fans erklärt, welchen Eingang sie nehmen müssen, wo eine Toilette oder ein Geldautomat ist. Viele waren ja zum ersten Mal in der Arena und wussten nicht auf Anhieb, wo ihre Plätze sind und so weiter. Das ist alles sehr entspannt abgelaufen, die meisten waren auch frühzeitig vor dem Anpfiff am Stadion.

Warum haben Sie sich als Volunteer gemeldet?

Blum: Das hat im Grunde damit angefangen, dass ich mich während der Coronazeit als Volunteer für die Schalker Heimspiele in der Arena gemeldet habe. Ich spiele ja in der Schalker Walking-Football-Mannschaft, und da kam das Thema auf, wer als Volunteer mitmachen würde. Das habe ich gerne gemacht und bin nun dabeigeblieben. Mir macht es sehr viel Freude, Menschen zu treffen und ihnen so helfen zu können. So ein Turnier erleben zu können und nah dran zu sein, ist dann noch mal etwas anderes.

Sie waren schon einmal bei einem Turnier in Deutschland im Einsatz, auch in Gelsenkirchen. Ist aber ein bisschen her…

Blum: Das kann man so sagen. (lacht)  Das war bei der WM 1974, da war ich beim Spiel zwischen Jugoslawien und Zaire Balljunge im Parkstadion. Damals hat Jugoslawien gegen den WM-Neuling aus Afrika mit 9:0 gewonnen, deswegen war es ein besonderes Spiel. Lustig ist aber, dass ich jetzt, 50 Jahre später und als vierfacher Großvater, den selben Weg mit dem Fahrrad zur Arena gefahren bin wie damals als 14-jähriger Junge.

Nach Schalke führt Sie Ihr Weg noch regelmäßig. Was erleben Sie beim Walking Football im S04-Trikot?

Blum: Wir trainieren zweimal in der Woche und werden sehr oft zu Freundschaftsspielen oder Turnieren eingeladen. Vor vier Jahren waren wir zum Beispiel in London und haben unter anderem gegen Chelsea und Tottenham gespielt. Letztes Jahr sind wir sogar in Madrid Europameister geworden, da haben wir gegen Glasgow Rangers, Athletic Bilbao und andere internationale Gegner gespielt. Wichtig ist aber auch der soziale Aspekt, wir gehen zusammen frühstücken und unterhalten uns. Bis vor einiger Zeit war noch Martin Max unser Trainer, von ihm konnte man sich viel abgucken. Ich mache das sehr gerne, da bewegt man sich, ohne dass es zu anstrengend wird. Nach so einem Training habe ich manchmal 10.000 Schritte in meiner App. 

Während der EURO 2024 haben Sie in der Fanzone im Nordsternpark in Gelsenkirchen ein kleines Turnier mit vier Mannschaften absolviert. Als Schalker darf man da nicht verlieren, wenn Amateurvereine dabei sind, oder?

Blum: Besser nicht, sonst gibt es Sprüche. (lacht)  Das gehört aber dazu. Klar, wenn du auf dem Platz stehst, bist du so ehrgeizig und willst gewinnen, aber letztlich geht es hier im Spaß und Freizeit. Wir haben eine gute Truppe zusammen, das wechselt auch mal - und immer, wenn ich kann, bin ich gerne dabei.

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Jörg Blum (r.) beim Walking Football: "Wenn du auf dem Platz stehst, bist du so ehrgeizig und willst gewinnen."

Autor*in
Autor/-in: Heiko Buschmann