6:4 nach 0:4 sichert Klassenerhalt

3:0 steht es zur Halbzeit in der Partie TuS Asbach II gegen die SG Lautzert-Oberdreis/Berod-Wahlrod II. Es ist der letzte Spieltag in der Kreisliga B2 im Kreis Westerwald/Sieg. Die Gäste stehen mit einem Bein in der Kreisliga C, dann geschieht am Nachmittag des 26. Mai 2024 das Wunder von Asbach.

Alexander Reidl kann es heute, eineinhalb Wochen nach dem Match, immer noch kaum glauben. Denn statt fassungslos den Abstieg zu bejammern, dreht die Truppe von Trainer Kevin Herrmann noch die Partie. Obwohl der Gegner aus Asbach, für den es um nichts mehr geht, sogar auf 4:0 erhöht, heißt es am Ende: 4:6!

Wegbereiter des Wahnsinns ist SGLO-Mittelstürmer ist jener Alexander Reidl, der 40-Jährige ebnet mit drei Treffern den Weg zum erfolgreichen Herzschlagfinale, das dem Fusionsverein schließlich den Klassenerhalt beschert. 

FUSSBALL.DE: Alexander Reidl, was war denn da los in Asbach?

"In der Halbzeit haben wir geschworen, dass wir da jetzt rausgehen und das Ding noch drehen"

Alexander Reidl: Das ist auch mit etwas Abstand noch schwer zu beschreiben, einfach verrückt! So ist das manchmal im Fußball, man muss aber einfach an sich glauben, selbst in vermeintlich völlig ausweglosen Situationen.

Wie ist es denn überhaupt zu erklären, dass Ihr in solch einem entscheidenden Spiel in der ersten Halbzeit 0:3 in Rückstand geratet?

Reidl: Wir waren hochmotiviert, denn es war allen klar, worum es geht. Nur mit einem Dreier in Asbach konnten wir den Abstieg vermeiden, zumal durfte unser Konkurrent, die SG Bitzen/Siegtal maximal einen Punkt holen. Für Asbach war der Ausgang der Partie bedeutungslos, doch die haben richtig Gas gegeben, waren bärenstark und wollten uns abschießen. Mein Gegenspieler hat schon zu mir gesagt: ‚So schlecht, wie Ihr seid, habt Ihr auch den Abstieg verdient.‘

Was war in der Halbzeitpause bei Euch in der Kabine los, nachdem es 3:0 für Asbach stand?

Reidl: Da war zunächst Totenstille, die Köpfe waren alle unten, und der Trainer musste auch nicht viel sagen. Aber dann haben wir uns geschworen, dass wir da jetzt rausgehen und das Ding noch drehen. Wir wussten auch, dass Bitzen in Ellingen mit 0:1 zurückliegt, also hatten wir noch eine Chance. Wenn Bitzen gewonnen hätte, wäre für uns sowieso alles vorbei gewesen.

Statt die Aufholjagd zu starten habt Ihr erst einmal die vierte Hütte kassiert…

Reidl: Das hat uns aber trotzdem nicht runtergezogen, denn wir haben im zweiten Durchgang sofort ein anderes Gesicht gezeigt und hatten schon zwei, drei fetten Chancen, bevor Asbach auf 4:0 erhöht hat. Dann gelingt mir in der 52. Minute das 1:4 und nach etwas mehr als einer Stunde das zweite Tor. Ab dann haben wir alle daran geglaubt, dass wir das noch schaffen – zumal Asbach deutlich nachgelassen hat, die hatten sich in der ersten Halbzeit wohl ausgepowert.

Um das Drama komplett zu machen, habt Ihr das Ding erst in den Schlussminuten gedreht. War es am Ende eine reine Nervensache?

Reidl: Nicht nur, wir haben schon vorher offensiv gewechselt und voll auf Angriff gespielt. Beim 3:4 durch Calvin Groß war uns bewusst: Komm, jetzt brauchen wir nur noch ein Tor, um punktemäßig mit Bitzen gleichzuziehen. Dann gelingt mir das 4:4, aber statt die Jungs draußen jubeln, hörten wir auf einmal: Das reicht nicht, Bitzen hat in Ellingen den 1:1-Ausgleich gemacht.

Also noch einmal alles nach vorne…

Reidl: Inzwischen war bei Ellingen gegen Bitzen Schluss, wir hatten später angefangen, weil in der Gegend eine Straße gesperrt war, der Schiedsrichter einen Umweg fahren musste und eine Viertelstunde zu spät kam. Dann kamen noch sechs Minuten Verlängerung obendrauf, da haben wir den Deckel draufgemacht.

5:4 hätte doch schon gereicht!

Reidl: Klar, aber im Fußball kann immer alles passieren, auch ein 5:5. Also haben wir weitergemacht und noch das sechste nachgelegt.

Und dann Ekstase?

Reidl: Selbstverständlich! Wir haben schon auf der Anlage in Asbach ordentlich Gas gegeben und sind dann zu uns ins Vereinsheim gefahren, wo die Party weiterging. Ich muss zugeben, dieser Klassenerhalt war noch deutlich emotionaler als unser Aufstieg vor vier Jahren von der C- in die B-Liga. Da war ich selber noch Trainer. In dieser Saison ging es ziemlich hin und her, aber nachdem wir die drei Spiele davor verloren hatten, war die Ausgangssituation vor dem letzten Spiel echt kritisch. Wir hatten es nicht in der eigenen Hand.

Ist ja nochmal gut ausgegangen…

Reidl: Ja, das ist das Schöne am Fußball – und für mich natürlich ein Grund, weiterzumachen. Ich werde jetzt bald 41 und habe in dieser Saison schon kürzergetreten, war nur in 13 Spielen dabei. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht, ich denke, da geht noch was (lacht). Ich helfe aus, wenn ich gebraucht werde.

Autor*in
Autor/-in: Günter Schneider

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